Barrierefreiheit im Internet – Neue Gesetze und Regelungen ab 2025, die Website-Betreiber kennen sollten
In der digitalen Welt von heute ist Barrierefreiheit im Internet nicht mehr nur eine ethische Überlegung, sondern wird zunehmend auch zur gesetzlichen Verpflichtung. Ab 2025 treten in der EU und speziell in Deutschland verschärfte Vorgaben in Kraft, die die Barrierefreiheit von Websites und Online-Diensten regeln. Diese Regelungen betreffen alle, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten – von Unternehmen über öffentliche Institutionen bis hin zu kleinen Online-Shops und Privatpersonen. Wer die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, riskiert empfindliche Strafen und verliert zudem eine potenzielle Zielgruppe.
1. Was bedeutet Barrierefreiheit im Internet?
Barrierefreiheit im Internet bedeutet, dass Websites und digitale Angebote so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen – einschließlich Menschen mit Behinderungen – problemlos genutzt werden können. Menschen mit Seh-, Hör- oder motorischen Einschränkungen sowie kognitive oder andere Beeinträchtigungen dürfen bei der Nutzung digitaler Produkte nicht benachteiligt werden. Barrierefreiheit umfasst daher technische, gestalterische und inhaltliche Maßnahmen, die sicherstellen, dass möglichst alle Nutzer*innen Zugang zu denselben Informationen und Dienstleistungen haben.
2. Die rechtliche Grundlage: Der European Accessibility Act
Eine zentrale Neuerung für die Barrierefreiheit im Internet kommt mit dem European Accessibility Act (EAA), auch als europäisches Barrierefreiheitsgesetz bekannt. Dieses Gesetz wurde von der EU verabschiedet und stellt verbindliche Anforderungen an die Barrierefreiheit in Europa. Ab Juni 2025 müssen alle digitalen Produkte und Dienstleistungen, die in der EU angeboten werden, die neuen Vorgaben des EAA erfüllen.
Wichtige Regelungen des EAA:
- Geltungsbereich: Der European Accessibility Act gilt für alle Produkte und Dienstleistungen, die öffentlich zugänglich sind, einschließlich Websites, Online-Shops, E-Books und Banking-Dienste. Sowohl staatliche als auch private Anbieter sind betroffen.
- Barrierefreie digitale Dienstleistungen: Anbieter müssen sicherstellen, dass alle wesentlichen Inhalte ihrer Websites und digitalen Plattformen den Barrierefreiheitsstandards entsprechen.
- Sanktionen bei Nicht-Einhaltung: Unternehmen, die die neuen Standards ignorieren, riskieren Sanktionen in Form von Bußgeldern und möglichen Klagen. Die konkreten Strafhöhen variieren je nach Land und Verstoß, können jedoch empfindlich ausfallen.
3. Nationale Umsetzung in Deutschland: Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
In Deutschland wird der European Accessibility Act durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ergänzt. Diese Gesetze schreiben bereits seit Jahren für bestimmte Bereiche Barrierefreiheit vor, wurden jedoch durch den EAA auf eine breitere Ebene erweitert.
Wichtige Aspekte des deutschen BGG:
- Öffentlicher Dienst und staatliche Websites: Bereits seit 2018 müssen alle öffentlichen Websites und Apps in Deutschland barrierefrei gestaltet sein. Für Unternehmen gilt dies ab 2025 ebenfalls, wobei der Fokus zunächst auf größeren Unternehmen liegt.
- Schrittweise Umsetzung für kleinere Unternehmen: Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) gibt es gewisse Übergangsfristen, jedoch sind auch diese letztlich verpflichtet, die Anforderungen zu erfüllen.
- Überwachungs- und Prüfverfahren: Ab 2025 werden verstärkt Prüfungen durchgeführt, um die Einhaltung der Vorgaben zur Barrierefreiheit zu kontrollieren. Websites und digitale Dienste können in regelmäßigen Abständen getestet werden, und Verstöße werden entsprechend geahndet.
4. Die WCAG-Richtlinien – der technische Rahmen für Barrierefreiheit
Die gesetzlichen Anforderungen an Barrierefreiheit orientieren sich an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die von der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt wurden. Diese Richtlinien sind weltweit anerkannt und stellen den aktuellen Standard für barrierefreies Webdesign dar.
Die wichtigsten Anforderungen der WCAG 2.1 im Überblick:
- Perceivable (Wahrnehmbarkeit): Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie von allen Nutzern wahrgenommen werden können. Hierzu gehören unter anderem alternative Texte für Bilder, Untertitel für Videos und die Möglichkeit, Farben oder Schriftgrößen anzupassen.
- Operable (Bedienbarkeit): Nutzer müssen die Website ohne Einschränkungen bedienen können, zum Beispiel auch nur über die Tastatur. Schaltflächen und Links sollten daher leicht zugänglich und anklickbar sein.
- Understandable (Verständlichkeit): Die Inhalte müssen klar und verständlich präsentiert werden. Das bedeutet eine einfache und konsistente Navigation, eindeutige Fehlermeldungen und klare Strukturen im Seitenaufbau.
- Robust (Robustheit): Inhalte müssen mit unterschiedlichen Endgeräten und Assistenztechnologien kompatibel sein, damit sie von möglichst vielen Menschen genutzt werden können.
Die WCAG sind in verschiedene Stufen unterteilt (A, AA und AAA), wobei AA der Mindeststandard ist, den die meisten gesetzlichen Vorgaben erfordern. Dieser Standard sorgt dafür, dass wichtige Grundanforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden.
5. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Barrierefreiheit
Eine barrierefreie Website zu gestalten, ist ein kontinuierlicher Prozess. Hier einige zentrale Schritte, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden:
- Bilder und Multimedia-Inhalte: Ergänze Bild- und Video-Inhalte mit Alternativtexten und Untertiteln, damit sie auch von Screenreadern interpretiert werden können. Für Videos sollten Untertitel oder Audiodeskriptionen bereitgestellt werden.
- Tastatursteuerung: Sicherstellen, dass alle Funktionen der Website ausschließlich über die Tastatur bedient werden können. Das hilft nicht nur Menschen mit motorischen Einschränkungen, sondern auch jenen, die auf Screenreader angewiesen sind.
- Farbauswahl und Kontraste: Achte auf ausreichend hohe Kontraste zwischen Text und Hintergrund sowie auf eine Farbwahl, die auch von Menschen mit Farbsehschwäche wahrgenommen werden kann.
- Strukturierte Inhalte: Nutze klare Überschriften, Absätze und Listen, um die Inhalte in logische und übersichtliche Einheiten zu gliedern. Dies erleichtert nicht nur das Lesen, sondern hilft auch Screenreadern, die Inhalte korrekt zu interpretieren.
- Leichte Sprache: Formuliere Inhalte möglichst einfach und verständlich, um kognitive Barrieren abzubauen. Biete idealerweise eine „Leichte-Sprache“-Version deiner Texte an.
6. Vorteile einer barrierefreien Website
Die Umstellung auf eine barrierefreie Website bietet nicht nur die Möglichkeit, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern bringt auch zahlreiche Vorteile mit sich:
- Erweiterung der Zielgruppe: Durch Barrierefreiheit erreichst du mehr Nutzer*innen, da auch Menschen mit Behinderungen deine Website nutzen können.
- Besseres Suchmaschinen-Ranking: Barrierefreie Websites schneiden oft auch in der Suchmaschinenoptimierung (SEO) besser ab, da Google und andere Suchmaschinen ähnliche Kriterien anwenden wie die WCAG-Richtlinien.
- Verbesserung der Usability: Viele Maßnahmen zur Barrierefreiheit verbessern die allgemeine Nutzerfreundlichkeit und sorgen für eine intuitivere Bedienbarkeit, was auch Menschen ohne Behinderungen zugutekommt.
- Positives Image und Vertrauen: Die Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards zeigt soziale Verantwortung und sorgt dafür, dass sich Nutzer*innen mit deiner Marke identifizieren können.
Jetzt heißt es „Action“!
Ab 2025 wird Barrierefreiheit im Internet für alle Anbieter von digitalen Produkten und Dienstleistungen zur Pflicht. Wer die gesetzlichen Anforderungen ignoriert, riskiert Bußgelder und läuft Gefahr, wertvolle Nutzer*innen zu verlieren. Die Umsetzung mag zunächst kompliziert wirken, aber eine frühzeitige Umstellung auf barrierefreie Standards sorgt für eine zukunftssichere Website und einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Wenn du Unterstützung bei der Umsetzung der WCAG-Richtlinien und den gesetzlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit benötigst, helfen wir dir gerne weiter. Schau einfach auf unserer Seite für Barrierefreiheit vorbei oder nimm direkt Kontakt mit uns auf. Wir beraten dich gerne und helfen dir, eine zugängliche und rechtssichere Website zu gestalten.